2024 war für mich ein sehr besonderes Jahr. Und während ich zurück blicke und reflektiere und mich noch einmal hineinfühle in das, was war wird mir klar, dass auch dieser Jahresrückblick hier auf meinem Blog besonders wird.

Ich durfte in diesem Jahr ein Wunder erleben. Und das sage ich nicht einfach nur so, das meine ich genau so. Zweieinhalb Jahre war ich an PostVac und ME/CFS erkrankt, heute bin ich gesund. Meine Zellen haben wieder angefangen zu arbeiten, von einem Moment auf den anderen. Und nicht nur ich, auch meine Ärztin und meine Therapeuten sprechen von einem Wunder.

Und dieses Wunder -und all das, was davor und danach in und bei mir los war- braucht und bekommt viel Raum in diesem Rückblick. Außerdem erzähle ich viel über meinen Glauben und wie ich mit Gott lebe. Denn das ist eng verbunden mit mir und meinem Weg und mein Glaube ist, dass ich ohne Gott dieses Wunder nicht erlebt hätte. Und ich nehme dich hinein in meine Zweifel und mein Vertrauen, meine Hoffnungen und meine Ängste, mein Ringen mit mir selbst und Gott. Und wie Gott zuerst tief in meinem Herzen gewirkt hat, bevor er meinen Körper geheilt hat.

Vielleicht ist für dich Vieles von dem was ich hier erzähle fremd, oder ungewohnt. Vielleicht findest du dich aber auch darin wieder oder kannst dich gut hineinversetzen. Vielleicht tauchen in dir beim Lesen auch Fragen auf, oder eigene Zweifel.

Egal wie, ich freue mich, wenn du meinen Rückblick liest. Egal ob du wie ich Christ bist, oder gar nicht glaubst , oder an etwas ganz anderes glaubst: Ich freue mich, wenn du dich mit hineinnehmen lässt in mein Jahr, meine Gedanken und Gefühle, meinen Glauben und das Wunder, das ich erleben durfte. Und ich freue mich, wenn du nach dem Lesen deine Gedanken mit mir teilst, oder auch Fragen, die danach eventuell in dir sind.

Mein Wunsch und mein Gebet ist, dass meine Geschichte Hoffnung wecken kann in denen, die sie lesen. Dass meine Worte andere ermutigt, oder tröstet, oder zum Staunen bringt. Und dass Herzen berührt werden von dem, was ich aus meinem Herzen teile.

Als ich anfing zu schreiben, da fehlten mir die Worte und ich wusste nicht, wie ich das, was ich erlebt habe in diesem Blogartikel zusammenfassen soll. Jetzt sind es sehr viele Worte geworden und du brauchst etwas Zeit, um alles zu lesen. Deshalb lade ich dich ein, es dir gemütlich zu machen -vielleicht mit einer Tasse Tee- und dir Zeit zu nehmen und zu lassen beim Lesen von meinem Wunder-vollen Jahr.

Vertrauen und Mut – Meine Worte für 2024

Seit ein paar Jahren habe ich immer ein Wort, das mich durch mein Jahr begleitet. Ein Wort, auf das ich immer wieder schaue, über das ich mir Gedanken mache und das mir wie ein Wegweiser durch das Jahr helfen darf.

Nach diesem Wort frage ich Gott immer am Ende des Jahres. Manchmal nehme ich mir Zeit still zu werden und bewusst zu beten und zu fragen. Manchmal flüstert Gott mir dieses Wort auch irgendwann zu. Mitten im Alltag, mitten im Leben.

Meine Worte für dieses Jahr waren „Vertrauen und Mut„. „Vertrauen“ war das erste Wort, dass ich für 2024 bekommen habe. Ich wollte Vertrauen, ganz neu und tief und trotzdem. Trotz allem, was in den Monaten davor in meinem Leben war. Trotz all der Stürme, all dem Leid und all der Trauer. Ich wollte vertrauen – meinem Gott, mir und anderen. Später kam als zweites Wort noch „Mut“ dazu. Denn ich brauchte Mut um trotzdem weiter vertrauen zu können, nach all dem was war und so, wie es mir Anfang des Jahres ging. Brauchte Mut um weiterzumachen, um weiter nach Vorne zu schauen, um weiter daran festzuhalten, dass alles gut wird – auch wenn ich nicht weiß, wie dieses Gut aussehen wird, brauchte Mut um weiter daran festzuhalten, dass es mir und meiner Familie gut gehen darf, auch wenn es uns in vielem nicht gut geht.

(Wenn dich interessiert, von welchen schweren Zeiten ich schreibe, lese gerne meine Rückblicke der letzten Jahre: „Getragen und versorgt, mitten im Sturm. – Mein Jahr 2022“ und „Freude mit Tränen vermischt. Trauer durchwoben von Licht. – mein Jahr 2023“)

Vertrauen und Mut. – In einem Blogartikel Anfang des Jahres schrieb ich dazu:

Wenn ich vertraue – Gott, mir selbst und anderen – dann kann ich meinen Weg mutig gehen. Dann kann ich mutige Entscheidungen treffen. Dann kann ich in Stürmen mutig stehen.

Deshalb entscheide ich mich für Mut, mitten im krank-sein; für Mut, immer wieder Schritte in Richtung Heilung zu gehen; für Mut meinen Traum weiter zu verfolgen, trotz aller Herausforderungen; für Mut, meiner Intuition zu folgen; für Mut, den Weg zu gehen, auf den Gott mich stellt und „Ja“ zu ihm zu sagen.

Und ich entscheide mich für Mut, um vertrauen zu können. Denn Vertrauen kann mir zwar helfen mutig zu sein. Aber gleichzeitig braucht es manchmal auch Mut, um zu vertrauen.

Ende 2024 möchte ich zurück blicken und sagen können: „Ja, ich habe mutig vertraut. Und ich war voller Vertrauen mutig.“

(aus „Vertrauen und Mut“ – meine Worte für 2024)

Und jetzt ist das Ende von 2024 gekommen. Und ich kann sagen: Ja, es war so viel Vertrauen nötig in diesem Jahr. Und Mut. Mutiges Vertrauen und vertrauensvollen Mut. Und ich bin dankbar für beides. Und dankbar für das, was ich erleben durfte. Und voller Staunen.

Von Schwäche, Schmerz und Segen

Die ersten Monaten des Jahres waren geprägt von sehr viel Schwäche und Tränen und Schmerz. So viel Schwäche, wie ich es mir bis dahin nicht habe vorstellen können. Und gleichzeitig erlebte ich so viel Gutes. Gleichzeitig erlebte ich tiefe Freude und wundervolle Momente. Gleichzeitig durfte ich Versorgung und ein getragen-werden erleben. Gleichzeitig durften bei mir online Neues entstehen und wachsen, ich durfte andere begleiten und ermutigen.

„Gleichzeitigkeit“ ist eines der Worte, die mich durch meine lange und schwere Krankheits-Phase immer wieder begleitet hat. Es kann mit gut gehen, auch wenn es mir schlecht geht. Und ich kann großen Segen erleben und ein Segen sein, mitten in Schwäche, Trauer und Schmerz.

Wer bin ich noch, wenn nichts mehr geht?

Das Jahr 2024 begann mitten in einem großen ME/CFS-Crash.

Die Erkrankung ME/CFS begleitete mich zu diesem Zeitpunkt schon seit zwei Jahren. Es ist eine schwere neuroimmunologische Krankheit, bei der die Zellen nicht mehr so arbeiten, wie sie eigentlich sollen. Die Folgen davon sind viele Schmerzen, große Erschöpfung und Schwäche und eine Belastungsintoleranz. Das bedeutet, der Körper kommt mit Belastung nicht mehr klar und reagiert deshalb darauf mit massiver Symptomverschlechterung. Betroffene sprechen dann von einem Crash, denn genau so fühlt es sich an. Wie ein körperlicher Zusammenbruch, bei dem nichts mehr geht.

Zu diesem Crash, Anfang des Jahres führte Weihnachten. Ich versuchte mich zu schonen, so gut ich konnte. Versuchte so wenig zu machen, wie nur möglich. Und wollte trotzdem ein wenig dabei sein. Meinen Kindern beim Krippenspiel zusehen, bei der Bescherung und beim Abendessen dabei sein, mit zu meiner Mutter gehen. Aber das Wenige war zu viel. Trotz Ausruhen, schonen und liegen war es zu viel und führte zu einem großen Crash.

In den ersten Tagen war ich so schwach, wie noch nie in meinem Leben. Ich konnte keinen Schritt alleine gehen, musste mit Essen versorgt werden, war teilweise zu schwach zum Sprechen. Mehrere Tage lag ich ihm Bett, danach mehrere Tage auf dem Sofa. Eigentlich fühlte ich mich zu schwach zum Leben. Und mit jedem weiteren Tag wuchs die Angst, dass sich mein Körper von diesem Crash nicht mehr erholen wird. Dass ich ab jetzt nicht mehr zu den moderat-, sondern zu den schwerst-Betroffenen gehören werde.

Immer wieder lag ich in diesen Tagen einfach nur da, leise und schwache Tränen liefen langsam über mein Gesicht. Und in mir bildete sich die Frage: „Wer bin ich jetzt?“ Wer bin ich, wenn ich so schwach bin? Zu schwach, um für meine Kinder zu sorgen. Zu schwach, um mich selbst zu versorgen. Zu schwach für alles, was mich doch eigentlich ausmacht. Wer bin ich noch, wenn nichts mehr geht? Wenn ich nichts mehr von dem kann, was ich eigentlich kann?

Mitten in diese stillen Fragen hörte ich das leise Flüstern Gottes in mir. „Du bist gesehen und geliebt. Von mir. Du bist kostbar und wertvoll. Auch jetzt. Und du bist und bleibst mein Kind.“ An diesen Worten hielt ich mich fest. Immer wieder. Und wenn ich mir unsicher war, ob sie wirklich für mich sind und ob Gott wirklich da ist, fragte ich ihn still „Bist du da?“ Und ich hörte ein „Ja“ in mir und spürte die Ruhe, die nur Gott mir schenken kann.

Nach ein paar Tagen ging es wieder aufwärts. In sehr, sehr kleinen Schritten. Aber meine Fragen und Gottes Antworten blieben.

Vertraust du mir?

An einem dieser nicht mehr ganz so schwachen Tagen saß ich auf dem Sofa und betete. Beten ist für mich ein Gespräch mit Gott. Ich rede mit ihm und ich versuche ehrlich zu ihm zu sein. Wirklich zu sagen, was in mir ist. Ich frage, ich klage, ich sage ihm meine Zweifel und das, was ich nicht verstehe. Und ich werde still, um zu hören, was er antwortet.

An diesem Tag war meine Frage und meine Klage: „Wann heilst du mich endlich? Warum tust du nicht endlich etwas! Du siehst doch, dass ich Hilfe brauche. Dass wir Hilfe brauchen.“ Danach hörte ich in meinem Herzen als Antwort eine Frage: „Vertraust du mir?“ Und ich saß da und konnte nicht antworten

Ich wusste natürlich, was die „richtige“ Antwort ist. Ich bin irgendwie schon mein ganzes Leben lang Christ. Ich glaube an Gott, ich glaube an Jesus. Und eigentlich hätte ich immer gesagt, dass ich Gott vertraue. Aber diese Frage traf etwas ganz tief in mir. Ich wusste, diese Frage hieß nicht „Vertraust du mir, dass ich dich heile?“ Diese Frage hieß „Vertraust du mir? Punkt.“ Vertraust du mir, egal was kommt. Vertraust du mir, egal ob es aufwärts geht, oder noch tiefer hinunter. Vertraust du mir, egal ob dein Leben jetzt endlich ruhiger wird, oder ob noch mehr Stürme kommen werden. Vertraust du mir?

In diesem Moment konnte ich diese Frage nicht mit „Ja“ beantworten. Aber ich wusste, diese Frage ist wichtig für mich. Es ist wichtig, dass ich mit ihr ringe, sie mitnehme und meine Antwort darauf finde. Und in mir war der Wunsch und die Bitte an Gott, dass meine Antwort ein „Ja“ wird. Deshalb wurde „Vertrauen“ eins meiner Worte für dieses Jahr. Und „Mut“ kam direkt dazu. Weil ich spürte, dass ich für dieses Vertrauen Mut brauchen würde.

Wohin schaue ich?

Eine zweite Frage, die mich immer wieder begleitete und leitete, war die Frage -und die Entscheidung- wohin ich schaue.

Ich erinnere mich an unseren Familienurlaub in den Pfingstferien. Wir fuhren an einen kleinen See in Italien, um dort zwei Wochen in einem Mobilhome auf einem Campingplatz zu verbringen. Dort angekommen ging es mir sehr schlecht. Die Fahrt dorthin war einfach zu viel für meinen schwachen Körper. Und als ich sah, wie weit weg der See von unserer Unterkunft war, begann ich zu weinen. Für einen gesunden Menschen war es eigentlich nur ein kurzer Fußweg, für mich erschien er unüberwindbar. Es war klar, dass ich für jede Strecke auf meinen Rollstuhl -und damit auf jemanden aus meiner Familie- angewiesen war. Zusätzlich führte der Weg durch eine steile Unterführung, das Schieben war also jedesmal mit Anstrengung verbunden. Ich fühlte mich so unendlich schwach und empfand mich als Last für meine Familie. Gleichzeitig war die Sehnsucht nach Freiheit und Unbeschwertheit und Lebendigkeit so unendlich groß und schien so so fern.

In Urlaub nahm ich es so viel deutlicher wahr, wie sehr mich meine Erkrankung einschränkte und behinderte. Meinen Alltag hatte ich so optimal es nur möglich war für mich eingerichtet. Ich hatte verschiedene Hilfsmittel, wir hatten eine Haushaltshilfe, ich hatte meinen Tagesablauf so gestaltet, dass es viele Momente gab, die mir gut taten und in denen es mir gut ging. Und dadurch, dass ich wenig draußen war, war ich wenig konfrontiert mit dem, was für andere alles möglich ist. Aber jetzt sah ich überall Menschen, die miteinander aktiv waren. Mütter, die mit ihren Kinder spielten. Frauen, die mit ihren Männern spazieren gingen, oder eine Radtour als Familie machten. Menschen, die durch das Leben liefen als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. Und ich saß da oder lag da und wünschte mir so sehr, dass das auch bei mir wieder möglich wird. Und gleichzeitig wuchs die Angst, dass das niemals so sein wird, sondern mein Körper weiterhin immer schwächer und schwächer werden würde.

Denn auch das nahm ich in diesem Urlaub schmerzhaft wahr. Wieviel schwächer ich war, als in unserem letzten Familienurlaub, ein Jahr davor. Wie viel schlechter es mir körperlich ging, wie viel weniger möglich war.

Durch all das merkte ich wieder, wie wichtig es ist mich immer wieder bewusst zu entscheiden, wohin ich schauen möchte. Auf das Schwere, den Mangel, die Schwäche, die Schmerzen? Oder auf das Gute und Schöne, dass auch da war? Auf die glitzernde Sonne auf dem See, auf die Entenküken die dort schwammen, auf meine Kinder, die gemeinsam auf unserem SUP über das Wasser paddelten und immer wieder zu mir kamen um mir zu sagen, wie sehr sie mich lieb haben. Und auf Gott, der immer da ist. An manchen Tagen musste ich diese Entscheidung mehrmals treffen. Und bat Gott immer wieder mir dabei zu helfen.

Für mich war es so ein Geschenk, dass der See und der Campingplatz umgeben von Bergen war. Egal wo ich war, immer wieder fiel mein Blick auf die Berge. Und sie erinnerten mich ständig an zwei Sätze aus der Bibel, an Psalm 121, 1+2:
„Ich schaue hinauf zu den Bergen – woher kommt meine Hilfe? Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.“

Und diesen Psalm machte ich in diesem Urlaub zu meinem täglichen Gebet: „Ich schaue hinauf – wenn die Krankheit mich niederdrückt. Ich schaue hoch zu den Bergen – und staune über Gottes Schöpfung. Ich schaue zu dir, Gott – und erinnere mich daran, dass du da bist.“ Manchmal standen die Berge in strahlendem Sonnenschein da. Manchmal waren sie von Regenwolken verdeckt. Aber sie waren immer da. Und ich erinnerte mich selbst immer wieder daran, dass es mit Gott genau so ist: Manchmal sehen wir ihn nicht, manchmal nehmen wir nicht wahr, dass er da ist, manchmal verdecken Zweifel-Wolken die Sicht. Aber er ist da. Immer. Er sieht mich und sorgt für mich. Er ist der, der mir immer wieder hilft meinen Kopf zu heben. Er ist der, der mir hilft die kleinen Segensmomente des Alltags zu sehen und mir immer wieder Dankbarkeit und Freude in mein Herz legt. Trotz allem. Und wenn ich seine Nähe spüre, mich tief mit ihm verbinde, mich von seiner Liebe fülle lasse, dann erfüllt mich eine Ruhe und ein Frieden, der unabhängig ist von dem, wie es mir äußerlich geht.

Versorgungswunder

Mitten hinein in all dem Schweren, mitten hinein in Mangel und Zweifeln erlebte ich immer wieder, dass Gott für mich und meine Familie sorgt. Jetzt im Nachhinein frage ich mich immer wieder, wie das eigentlich möglich war, dass unser Familienleben mit drei Kindern trotzdem irgendwie weiter ging. Sie wurden versorgt, wir wurden versorgt, aus vielen verschiedenen Richtungen.

Wir hatten eine Haushaltshilfe, die sich an zwei Tagen um Putzen, Küche aufräumen und Wäsche kümmerte. Meine Mutter kam immer wieder vorbei und schaute einfach, wo es etwas zu tun gab und wie sie uns unterstützen konnte. Mein Mann wuchs über sich hinaus und schaffte es irgendwie aufzufangen, was für mich nicht mehr möglich war. Und dann erlebten wir noch ein Versorgungswunder mit Essen.

Mittagessen für meine Familie zu kochen war für mich eine große Last. Ich versuchte es mir mit einem Drehstuhl mit Rollen in der Küche ein wenig zu erleichtern, um Sitzen zu können und im Sitzen zwischen Kühlschrank, Arbeitsfläche und Herd hin und her zu rollen. Trotzdem brauchte ich selbst bei den einfachsten Mahlzeiten mehrere Pausen. Und an besonders schwachen Tagen war selbst das Tischdecken schon zu viel.

Bei einem Zoom-Treffen mit drei Frauen, mit denen ich mich regelmäßig online zum Beten treffe, erzählte ich wie sehr ich für diesen Bereich Unterstützung brauchte. Eine Nachbarin kochte zu diesem Zeitpunkt schon einmal in der Woche für uns, was ich als so großes Geschenk erlebte. Und ich wünschte mir einfach, dass so etwas an mehreren Tagen möglich ist. Und die Frauen beteten für ein Versorgungswunder. Ich erinnere mich noch an die Worte „Ich bete für Essen im Überfluss.“

Kurz danach bot eine weitere Nachbarin an, einmal in der Woche für uns zu kochen. Und eine andere Frau erzählte, dass in der Kita, in der sie arbeitete jeden Tag so viel Essen übrig sei und dass sie uns davon regelmäßig etwas vorbei bringen könnte, wenn wir das wollen. Und so kam es, dass wir über Monate hinweg fast an jedem Tag ein fertig gekochtes Mittagessen hatten. Und an manchen Tagen war es so viel, dass ich kaum noch Platz dafür in unserem Kühlschrank fand und es auch noch fürs Abendessen reichte. Essen im Überfluss – was für ein riesengroßes Geschenk.

Segen sein trotz großer Schwäche

Ein weiteres Geschenk, bei dem ich mich auch immer wieder frage, wie das eigentlich möglich war ist, dass ich während der zweieinhalb Jahre, in denen ich so schwer krank war, trotzdem weiterhin Frauen online begleiten konnte. Menschlich gesehen klingt das irgendwie unlogisch oder sogar unmöglich. Wie ging das? Warum war dafür Energie da? Ich hatte ja für den ganz normalen Alltag nicht genügend Kraft.

Genau erklären kann ich das auch nicht. Was ich sagen kann ist, dass ich in dieser Zeit wie noch nie davor erlebte, was der Bibelvers bedeutete, dass Gottes Kraft sich vor allem in den Schwachen zeigt. Dass seine Kraft sichtbar wird, wenn wir schwach sind. Ich erlebte das immer wieder, wenn ich meinen Zoom-Raum öffnete, um Frauen im Himmelsraum zu begrüßen, oder eine Frau in der prophetischen Gebetsseelsorge oder im Coaching begleitete. Ich erlebte: ich muss nicht stark sein, wichtig ist, dass ich da bin. Ganz da, mit all dem, was ich bin. Wichtig ist, dass ich mich mit mir und Gott verbinde. Und mit den Frauen, die in meinem Zoom-Raum sind. Wichtig ist, dass ich meins gebe und Gott bitte, dass er seins dazu gibt. Das erlebte ich auch, als ich gemeinsam mit meiner Freundin und Kollegin Cathrin Hoch den Mitgliederbereich „dein Zuhause“ startete und erleben durfte, was für ein Segen das für die Frauen ist. Und ich erlebte es immer wieder bei dem was ich auf Instagram und in Facebook schrieb und bei dem Austausch, den ich dort mit verschiedenen Frauen hatte.

Gott nutze meine Schwäche, um andere zu ermutigen und zu berühren. Und ich durfte in meiner Schwäche ein Segen für andere sein, sie begleiten und für sie da sein. Ohne dass ich wirklich erklären kann, wie das möglich ist.

Und für mich selbst war und ist all das so ein Geschenk. Jedesmal wenn mir in Zoom eine oder mehrere Frauen gegenüber sitzen merke ich, wie mich diese Aufgabe erfüllt und mir mehr Energie zurück schenkt, wie sie mich kostet. Vielleicht ist es das tiefe Wahrnehmen, dass ich da, wo ich bin und bei dem, was ich da mache, genau am richtigen Platz bin.

ein Gott der heilt

Die mittleren Monate des Jahres, waren tief vom Thema Heilung geprägt und von der Frage, ob ich eigentlich wirklich glaube, dass der Gott mit dem ich lebe und den ich schon so lange kenne heilen kann und heilen will und heilt.

Ich bin irgendwie schon mein ganzes Leben lang Christin. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der der Glaube an Gott immer eine Rolle gespielt hat, war regelmäßig im Gottesdienst, ging in die Jungschar und auf christliche Freizeiten. Ich kannte die Geschichten der Bibel, die Geschichten von Wunder und Heilungen. Und glaubte auch daran. Schon immer. Eigentlich. Irgendwie. Und irgendwie auch wieder nicht. Ich hörte oder las immer wieder von Wundern, die andere Menschen -irgendwo- erlebten. Und ich glaubte das auch irgendwie. Und gleichzeitig war es so weit weg und unvorstellbar.

Irgendwann hatte ich selbst immer wieder Begegnungen mit dem Thema Heilung. Oder dem Gebet für Heilung. Schon seit meiner Jugend hatte ich chronische Rückenschmerzen. Mein Rücken hat sich an ein paar Stellen in eine schiefe Richtung entwickelt. Was an unterschiedlichen Stellen zu Beschwerten führte. In meiner Studentenzeit war ich immer wieder in verschiedenen Gottesdiensten, in denen Gebet für Heilung angeboten wurde. Und immer wieder sagte ich Gott heimlich und leise, dass ich das für meinen Rücken erleben will. Laut und vor den Menschen dort, hatte ich nicht den Mut dazu. Ich wollte nicht gesehen werden, nicht im Mittelpunkt stehen mit meinem Schmerz und meiner Bitte. Zu groß war die Angst, dass trotz Gebet nichts passieren wird. Denn was würde das denn dann bedeuten? Gott kann es nicht, er will es nicht, oder er macht es nur für mich nicht? Vielleicht, weil ich nicht genug glaubte oder weil ich es aus irgendwelchen Gründen nicht verdient hatte? Immer wieder vermischet sich mein Glaube mit Zweifel. Und mit dem Gedanken vielleicht irgendwie nicht gut genug zu glauben oder nicht gut genug zu sein.

Mein Glaube wuchs und veränderte sich mit den Jahren. Er wurde tiefer und sicherer und ich erlebte immer mehr eine persönliche Beziehung zu diesem Gott. Ich erlebte, wie Gott in mir und anderen Menschen wirkt und was eine Begegnung mit ihm bewirken kann. Ich erlebte Veränderung in mir, wie nur Gott sie bewirken kann, erlebte, wie mein Herz immer heiler wurde und ich immer näher an Gottes Herz kam. Aber die leisen (und manchmal auch lauten) Zweifel, ob Gott heilen kann und will und es auch wirklich macht, die tauchten immer wieder auf. Genau wie der Gedanke, dass das etwas ist, was Gott vermutlich nur für andere macht, aber doch nicht für mich.

Glaube ich das und will ich das?

Als ich Ende 2021 nach einer Impfung krank wurde, war in mir sehr schnell das Gefühl, dass dieser Zustand nicht nur für kurze Zeit sein wird, sondern dass ich jetzt chronisch krank bin und dass das so bleiben wird. Und egal in welcher Arztpraxis ich war, egal ob bei ambulanter Reha oder anderen Therapeuten, dieses Gefühl wurde immer wieder bestätigt und verstärkt. Zusätzlich zu den vielen Diagnosen und Symptomen, die ich schon vorher hatte, kam jetzt auch noch „PostVac“ hinzu. (So nennt man die Symptomatik, die bei ein paar Menschen nach einer Corona-Impfung auftauchten.) Genau wie bei Long Covid tappten die Experten im Dunkeln, was bei den Betroffenen wirklich im Körper los ist und noch ahnungsloser waren die meisten Mediziner bei der Frage, was helfen kann. Das wurde auch nicht besser, als die Diagnose ME/CFS sicher war, eine Erkrankung die als unheilbar gilt. Nach und nach gab es dann doch verschiedene Ideen in Form von Nahrungsergänzungsmittel und Infusionen, um den entstandenen Mangel in meinem Körper irgendwie aufzufüllen. Aber alles bewirkte keine wirkliche Veränderung bei mir. Im Gegenteil, mit der Zeit wurde ich immer schwächer und die Symptome verstärkten sich immer mehr.

Mein Glaube und meine Hoffnung in die Medizin war also sehr gering. Und mein Glaube an Gott? Ich glaubte und erlebte, dass Gott mich durch diese Zeit der Krankheit trug, dass er mir Frieden und Freude schenkte, trotz großer Schwäche und Schmerzen. Ich glaubte und erlebte, dass er mich in allem versorgt und dass er mich sieht und liebt. Ich erlebte eine Tiefe in meiner Beziehung zu ihm, wie nie davor. Durfte erleben, wie er in mir und den Frauen, die ich begleiten darf wirkte und innere Heilung schenkt. Aber ob er irgendwann meinen Körper heilen würde? Ob das möglich ist? Ich war mir nicht sicher.

Ich betete immer wieder dafür. Fragte Gott, ob er mich heilen würde. Wusste, dass auch andere für mich beteten. Und merkte gleichzeitig, dass mir der wirklich tiefe Glauben an so ein Wunder fehlte. Theoretisch glaubte ich an einen großen Gott, der praktisch in unser Leben eingreifen kann. Ich erlebte das auch. Aber so ein Wunder? Ein echtes Heilungswunder?

Eine leise Hoffnung war da, dass Gott mir vielleicht schenkt, dass es mir langsam, nach und nach, irgendwann vielleicht etwas besser gehen kann. Dass es irgendwann vielleicht doch wieder aufwärts gehen wird und nicht immer weiter abwärts. Und gleichzeitig hatte ich mich irgendwie damit abgefunden, dass das jetzt mein Leben ist und hoffte vor allem, dass ich nicht irgendwann zu den Schwerstbetroffenen von ME/CFS gehöre, die nur noch in stillen, abgedunkelten Räumen liegen können, weil nichts anderes mehr möglich ist.

Der Gedanke, dass Gott auch auf einen Schlag heilen kann, mit nur einem Gebet, in nur einem Moment kam aber auch immer mal wieder in meinen Kopf. Zusammen mit der Sehnsucht, genau das zu erleben. Und gleichzeitig mit der Angst, was das bedeuten würde, wenn ich das wirklich erlebe. Wie würde ich reagieren? Und wie mein Umfeld? Muss ich das dann erzählen? Überall da, wo ich auch von meinem Umgang mit meiner Krankheit erzähle? Auf Insta? Auf meinem Blog? Könnte ich das überhaupt? Hätte ich dazu den Mut? Würden mich die Menschen dann irgendwie für verrückt halten? Und was wäre, wenn ich das erleben und erzählen würde und kurz danach würden dann alle Symptome dann doch wieder zurück kommen? Dann wäre doch alles noch viel Schlimmer. Aber so etwas zu verheimlichen, wäre eben auch nicht möglich.

Genauso groß wie die Angst vor dem, was so ein Wunder bedeuten würde, war aber die Angst davor, dass das nicht passieren wird. Sollte das wirklich immer mein Leben bleiben? In dieser tiefen Schwäche? Mit diesen vielen Schmerzen? In diesem tiefen Tal? Will ich dann nicht doch lieber glauben und hoffen, dass es irgendwann ein Wunder gibt? Vielleicht würde es ja doch irgendwann in der Medizin ein Wunder geben und all die Betroffenen von ME/CFS würden endlich Hilfe bekommen. Oder Gott würde doch endlich etwas tun und mir zeigen, dass er ein Gott ist, der wirklich heilen kann.

Doch auch daran zu glauben und zu hoffen war verknüpft mit Angst. Angst davor, dass meine Hoffnung immer wieder und wieder enttäuscht wurde. War es da nicht sicherer, wenn ich mich einfach darauf einstellte, dass mein Leben jetzt nun mal so ist? Und wenn ich einfach wie seither darauf schaue, wie ich trotzdem glücklich sein kann? Ein Teil in mir war sich sicher, dass das genau so sein wird. Dass ich für immer krank und schwach sein werde.

Durch ein Tränental zum Glauben

2024 startete ich mit einem Online-Ticket der Mehr-Konferenz des Gebetshauses Augsburg in das Jahr. Mitten in meiner schwächsten Zeit wurde mir dadurch eine wertvolle Zeit geschenkt, mit tiefen Lobpreis-Zeiten und Vorträgen, die mein Herz so sehr berührten, dass ich immer wieder weinen auf dem Sofa lag.

Danach startete das Gebetshaus einen 24/7-Livestream ihres Gebetsraums. Von Anfang an war für mich klar, dass dieser Livestream wichtig für mich sein wird. Und obwohl ich durch mein Krank-sein und das viele Liegen eigentlich viel Zeit dafür gehabt hätte, schaute ich trotzdem nicht oft rein. Irgendwann stolperte ich auf Instagram immer wieder über die Infos, dass Dienstag Morgens in diesem Gebetsraum für Heilung gebetet wird. Und ich wusste, dass ich genau zu dieser Zeit den Livestream anschalten sollte. Aber etwas in mir hielt mich davon ab. Ich hatte Angst. Angst mich darauf einzulassen. Und Angst dass das, was ich so dringend brauchte, nicht passieren wird.

Irgendwann im Früh-Sommer fand ich dann doch genügen Mut um einzuschalten. Eine Stunde lang saß ich vor meinem Laptop. Ich ließ mich durch den Lobpreis mit hinein nehmen in Gottes Nähe, betete und weinte, klagte an und fragte. Und dann kam von einem Mann die Einladung gemeinsam mit ihm Bibelverse laut auszusprechen, die davon erzählten, wie Jesus heilte. In dem Glauben, dass er das auch heute noch tut. Er las einen Bibelvers vor, die Menschen vor Ort sprachen ihn nach und ich zuhause vor meinem Laptop machte mit Tränen und zaghafter Stimme mit. Und immer wieder wiederholten sie nach den Bibelversen einen Satz: „Das ist mein Jesus. Und an diesen Jesus glaube ich.“

Ab diesem Morgen war das ein fester Dienstag-Termin für mich. Eine Stunde lang vor Gott zu sitzen oder zu knieen. Oder zu liegen, je nachdem wie viel Kraft mein Körper hatte. Zu beten, zu weinen, zu klagen, zu fragen. Mich von den Liedern mitnehmen und tragen lassen. Und dann die Bibelverse hören und nachsprechen. In Verbindung mit dem Satz „Das ist mein Jesus. An diesen Jesus glaube ich.“ In mir kam während dessen ein großer Schmerz an die Oberfläche. Ein Schmerz voller Anklage und Enttäuschung, dass Jesus bis jetzt nichts getan hat. Dass er mich scheinbar irgendwie vergessen hat. Denn wenn er das wirklich kann, warum macht er das nicht für mich? Warum? Er sieht doch die Not in unsrer Familie, die durch diese Krankheit entstand.

Dann suchte ich den Fehler wieder bei mir. Vermutlich glaubte ich doch nicht gut genug, betete nicht richtig, oder machte sonst irgendwas, dass Gott daran hinderte mich zu heilen. Noch während ich das dachte erkannte ich die Lügen in diesen Gedanken und gab sie in einem Gebet alle Jesus. Immer wieder und wieder erkannte ich Lügen in meinem Herz, ließ sie los und gab sie ihm, um mich danach von seiner Wahrheit füllen zu lassen. Genau so, wie ich sonst Frauen in der prophetischen Gebetsseelsorge begleitete, begleitete ich jetzt mich selbst.

Nach ein paar Wochen beruhigte sich der Sturm in mir ein wenig. Und ich merkte, dass ganz langsam in mir ein neuer Glauben wuchs. Ein Glaube daran, dass Jesus wirklich heilen kann. Und dass er es tun wird. Für mich. Und ich begann dafür zu beten, dass dieser Glaube größer werden und wachsen würde.

Erwarte Großes

An einem Dienstag Morgen kurz vor den Sommerferien hörte ich das leise Flüstern Gottes in meinem Herzen: „Erwarte Großes von mir, wenn du zur Zeltstadt gehst.“ Die Zeltstadt ist eine christliche Campingfreizeit, zu der ich schon seit Jahren jedes Jahr wieder mit meiner Familie fuhr. Diese Tage im August waren für mich jedes Jahr eine wertvolle Zeit, in der ich viel mit Gott erlebte und viel über ihn lernte. Und jetzt, kurz bevor wir unseren Wohnwagen packen wollten (und mit vielen Zweifeln in mir, ob mein Körper das wirklich schaffen würde) kam dieser Satz: „Erwarte Großes von mir.“

„Habe Vertrauen und Mut“, kam als Nächstes. Und ich sagte „Ja“. Ja, ich will mutig sein und vertrauen. Ja, ich will Großes von Gott erwarten. Ich sagte ihm, dass ich ein Wunder erwarte. (Und ja: In diesem Moment glaubte ich tatsächlich, dass Gott mir ein Wunder schenken würde. Aber das Wunder, das ich dann erleben durfte, hatte ich dann doch nicht erwartet.)

Gott sagte mir noch etwas an diesem Morgen. Er sagte, dass ich um dieses Wunder bitten sollte. Nicht nur allein, sondern gemeinsam mit anderen. Ich sollte überall hin, wo Gebet angeboten würde und immer wieder bitten, dass andere dafür beten, dass Gott mich heilt. Und obwohl noch immer eine Rest-Angst in mir war, dass trotz Gebet nichts passieren würde und ich nicht wusste, ob ich damit dann umgehen könnte, sagt ich auch dazu Ja. Ich wollte mutig vertrauen.

Am ersten Abend im Zelt war mir klar, dass ich direkt damit beginnen sollte. Nach den Abendveranstaltungen gibt es immer das Angebot für sich beten oder sich segnen zu lassen. Und ich erzählte dort kurz meine Geschichte. Ich erzählte von meiner Krankheit und von Gottes Worte an mich und von meiner Angst und von meiner Hoffnung und von meinen Zweifeln. Und sie beteten für mich und gaben mir mit, dass ich in den nächsten Tagen immer wieder „das Schild des Glaubens“ ergreifen und festhalten soll. Egal ob mein Herz gerade glauben kann oder nicht. Das „Schild des Glaubens“ ist ein Bild aus der Bibel und ich nahm es für mich mit in die nächsten Tage.

Immer wieder nahm ich das Angebot für Gebet an. Immer wieder bat ich darum, dass konkret für Heilung gebetet werden soll. Und jedesmal war es schön und wohltuend. Ich spürte, dass Gott mit seiner Liebe und Nähe da war, bekam wunderbare Worte zugesprochen. Aber in meinem Körper passierte nichts. Tag für Tag verging. Tag für Tag, an denen mich mein Mann oder meine Kinder im Rollstuhl über das Gelände führen. Tag für Tag, an denen ich in meinem Liegestuhl im Zelt saß (oder teilweise halb lag), weil mein Körper für das aufrechte Sitzen in den Stühlen dort viel zu schwach war. Tag für Tag, an denen ich Nachmittags immer wieder im Wohnwagen im Bett lag und zu schwach war, um Zeit mit den anderen zu verbringen. Und Tag für Tag hörte ich Gottes Flüstern in mir: „Vertraust du mir?“ Und endlich konnte ich diese Frage mit „Ja“ beantworten.

Geheilt

Am letzten Tag der Zeltstadt ging es mir körperlich sehr schlecht. Und im Laufe des Tages fühlte ich mich immer schwächer und schwächer. Abends lag ich vor Schwäche weinend auf dem Bett im Wohnwagen und konnte mir nicht vorstellen, dass ich es nochmal schaffe aufzustehen, um ins große Zelt zur Abendveranstaltung zu gehen. Mein Verstand sagte mir ganz klar, dass ich liegen bleiben soll und so früh wie möglich schlafen. Mein Herz sagte mir, dass ich trotzdem gehen soll, egal wie schwach ich war, egal wie unmöglich und unlogisch das auch klang. Und ich hörte wieder Gottes Flüstern: „Vertraue mir, du darfst Großes erwarten.“

Also lies ich mich von meinem Mann im Rollstuhl bis zu meinem Campingstuhl im Zelt bringen. Ich stellte die Lehne so weit es möglich war nach hinten und lag mehr, als das ich saß. Und während die Lobpreis-Band spielte, weinte ich noch ein wenig und sang zuerst zaghaft und dann immer klarer mit. Mein Herz kam zur Ruhe, während die Musik mich erfüllte und ich Gottes Nähe spürte.

An diesem Abend war ein Pastor aus Berlin da, Christophe Domes. Und er redete über Jesus und die Wundern, von denen die Bibel erzählt. Vor allem erzählte er davon, wie und wann und wo Jesus heilte. Und dass das Wie und Wo und Wann immer wieder etwas war, woran die Menschen Anstoß nahmen. Er spuckte in den Dreck – und schmierte den entstandenen Brei einem blinden Mann auf die Augen. Er heilte am Sabbat in der Synagoge, vor den führenden jüdischen Leitern – obwohl das laut dem jüdischen Gesetz verboten war. Er heilte den einen kranken Mann am See Bethesda – aber alle anderen, die auch da lagen, blieben krank.

Diese letzte Geschichte erreichte einen Schmerz in meinem Herz. Was ist mit denen, die da lagen? Warum heilte Jesus sie nicht? Nicht jetzt, nicht da, nicht sofort? In diesem Moment sprach Christophe Domes von Anklage und Bitterkeit, die in unser Herz kommen kann, wenn wir erleben, wie andere ein Wunder erleben, aber wir selbst nicht, wenn andere geheilt werden, aber wir selbst nicht. Und wie wichtig es ist, dass wir diese Anklage und Bitterkeit nicht in unserem Herzen lassen, wenn wir sie erkennen. Und mir war klar, dass auch in meinem Herzen noch immer Anklage und Bitterkeit gegenüber Gott war. Und dass ich sie jetzt sofort Jesus bringen möchte, damit sie nicht weiter in meinem Herz ist und dort wieder größer werden kann.

Ich kniete mich auf den Boden vor meinem Stuhl. Und während die Lobpreis-Band wieder irgendetwas spielte und sang und Christophe irgendetwas sagte oder betete, schüttete ich mein Herz vor Jesus aus. Ich erzählte ihm von der Bitterkeit und Anklage gegen ihn. Ich bat ihn um Vergebung dafür und sagte ihm, dass ich das Bittere und Anklagende nicht mehr haben will. Und ich gab es ihm und bat ihn wieder einmal um Glauben und Vertrauen und Mut. Wenn wir Jesus etwas geben, das in uns ist, dann kann ein Tausch stattfinden. Ich gab ihm meine Bitterkeit und alle Anklage. Und dahin, wo dadurch etwas leer wurde in mir, konnte Glauben und Vertrauen fließen.

Als ich mich wieder hinsetzte, war es in mir ganz ruhig geworden und in mir war nur ein Gedanke: „Jetzt bin ich bereit für mein Wunder.“ In diesem Augenblick kam von der Bühne die Information, dass wir uns jetzt noch Zeit nehmen, um für verschiedene Dinge zu beten, oder um für sich beten zu lassen. Und begonnen werden sollte mit Gebet für körperliche Heilung für alle, die das wollen. Meine Hand ging nach oben und die Menschen, die um mich standen, sollten für mich beten. Anders wie an den anderen Abenden saßen nur Menschen um mich, die ich nicht kannte. Mein Mann war zu diesem Zeitpunkt gerade zwei unserer Kinder ins Bett bringen. Also erzählte ich kurz, dass ich schon lange krank bin und sehr schwach und bat sie um Heilung zu beten. Und sie beteten, mit ihren Händen auf meinen Schultern.

Im Zelt war es durch die Musik und all die Menschen, die füreinander beteten so laut, dass ich kein Wort verstand von dem, was für mich gebetet wurde. Aber ich spürte das Gebet im ganzen Körper. Es fühlte sich an, als würde ein warmer Fluss durch meinen Körper fließen, oder sanfter Strom. Und durch diesen Strom floss etwas aus mir heraus, Es floss und floss und ich weinte und weinte. Und später erzählte mir eine der betenden Frauen, dass mein Körper unter ihrer Hand vibrierte. Irgendwann während des Gebets kam unser Ältester von seinem Kinder-Programm zurück, setzte sich zu mir und die Betenden zogen sich ein wenig von uns zurück. (Später habe ich aber erfahren, dass Mehrere intensiv weitergebetet haben, weil sie auch gespürt haben, dass hier gerade etwas Unfassbares geschieht.) Gott war so nah, wie ich das noch nie zuvor wahrgenommen habe. Und ich spürte, dass das, was in meinem Körper passierte, noch nicht zu Ende war. Ich kniete mich hin und mein Sohn legte mir seine Hände auf den Rücken und betete um Heilung, ohne dass er wusste, was zuvor schon alles in diesem Zelt gesprochen wurde und passiert war.

Und als ich da kniete, hörte ich wieder Gottes Stimme in mir: „Judith, steh auf.“ Immer wieder und wieder „Steh auf.“ Stehen war für mich durch das ME/CFS kaum möglich. Meine Beine waren viel zu schwach. Ein paar Sekunden waren möglich, danach verlies mich die Kraft sehr schnell. Aber ich stand auf. Und dann stand ich da. Und ich stand und stand und stand und begann zu staunen. „Das ist jetzt wohl mein Wunder“, war das Einzige, was ich denken konnte. Während ich da stand und die Lobpreisband noch immer sang und spielte und für irgendwas gebetet wurde, was nicht bis zu mir dringen konnte, kam mein Mann zurück ins Zelt, ging zu unserem Sohn und sah mich da stehen. Ich glaube wir konnten es alle drei nicht so richtig fassen, was in diesem Moment geschah und was das alles bedeutete.

Der Abend war fast zu Ende, es wurde noch etwas gesungen und gebetet und mein Sohn hatte noch sein ganz eigenes Erlebnis mit Gott und wollte daraufhin nach vorne, um sich segnen zu lassen. Und wünschte sich, dass ich mit komme.

Vorne angekommen legte Christophe zuerst meinem Sohn eine Hand auf den Kopf und segnete ihn. Und obwohl ich eigentlich nur meinen Sohn nach vorne begleitet hatte, berührte seine Hand auch meinen Kopf und er sagte (durch das Mikrofon für alle im Zelt hörbar) in die sichtbare und unsichtbare Welt hinein: „Ab jetzt bist du gesund, alle Krankheit verlässt jetzt deinen Körper, du wirst diesen Rollstuhl nicht mehr brauchen.“ Im nächsten Moment lagen mein Sohn und ich gemeinsam auf dem Boden. Die Kraft Gottes hatte uns im wahrsten Sinne des Wortes umgehauen. Zuerst weinte ich noch und dann erfüllte mich eine so tiefe Freude, dass ich nur noch lachte und lachte. Und dann wusste ich mit einer tiefen Gewissheit: Es ist vorbei. Meine Zellen arbeiten wieder, ich habe kein ME/CFS mehr.

Der Abend war zu Ende. Ich saß auf dem Boden und fühlte mich, als wäre ich einmal im Schleudergang durch eine riesengroße Waschmaschine geschleudert worden. Eine Frau kam zu mir und sagte „Judith, warst das du? Ich habe so gehofft, dass er gerade für dich gebetet hat!“ Mein Mann kam mit Tränen in den Augen zu mir und unserem Sohn, setzte sich zu uns auf den Boden und wir hielten uns sprachlos in den Armen.

Und dann gingen wir gemeinsam zurück zu unserem Wohnwagen. Der Rollstuhl wurde leer zurück geschoben.

Von Wundern erzählen

In meinem Ringen um die Frage, ob Gott heilt, oder nicht und ob ich das wirklich erleben will, steckte auch immer der Gedanke, dass ich mich unfähig fühlte, anderen von einem Wunder zu erzählen. Wenn überhaupt, war immer wieder mein Gedanke, will ich so etwas ganz leise, still und heimlich alleine erleben, so dass ich danach viel Zeit habe, mir zu überlegen ob und wann und wem ich davon erzähle.

Manchmal hat Gott andere Pläne wie wir. Und für mich ist ganz klar, dass seine Pläne immer besser sind als meine Wünsche. Mein Wunder passierte mit einer solchen Wucht, dass es nicht zu übersehen war und mit knapp 1000 Menschen, die es bezeugen konnten, Und ich war vom ersten Moment an mitten drin im Erzählen und durfte erleben, dass ich mir keine Worte überlegen musste, sondern Gott mir die richtigen in den Mund legte. Und mein Glauben wurde schon vor diesem Wunder so sehr gestärkt, dass es plötzlich kein Problem war, darüber zu sprechen und von Gott zu erzählen.

Der Erste, der von meinem Wunder erzählte war aber nicht ich, sondern mein Sohn. Er schlief gemeinsam mit seiner jüngeren Schwester nicht im Wohnwagen, sondern in einem Zelt. Und das Erste, was er ihr beim Aufwachen sagte war: „Mama ist geheilt!“ Meine Tochter kam direkt zu uns in den Wohnwagen und fragte zögernd: „Mama, ist das wahr? Bist du wirklich geheilt?“ Im ersten Moment zögerte ich. War das wirklich wahr? War das wirklich passiert? Ich antwortete mit einem vorsichtigen „Ja“ und dann probierten wir es miteinander aus. Wir gingen zu Fuß zum Toilettenwagen. (Sonst schob mich meine Tochter jeden Morgen mit dem Rollstuhl dorthin. Danach gingen wir zurück zum Wohnwagen. Und meine Beine fühlten sich sicher und stark an. Trotzdem fiel mein Blick auf den Rollstuhl und ich fragte mich, ob ich den jetzt wirklich einfach so da stehen lassen kann und mit meinen Beinen zum Zelt gehen kann. Und wieder zurück. Und dann überall hin, wohin ich gehen möchte. War es wirklich möglich, dass das geht? Ja, er war möglich. Ich ging und ging und ging den ganzen Tag. So lange, bis ich am Abend Muskelkater in den Beinen und dem Rücken hatte vom ungewohnten Gehen und Stehen. (Und meine Uhr zeigte mir an, dass ich an diesem Tag anstatt wie sonst nur 600 Schritte, 6000 Schritte gegangen war. Ich konnte es kaum glauben.)

Am letzten Vormittag in der Zeltstadt wird immer gefragt, wer etwas erzählen will von dem, was wie mit Gott erlebt haben. Für mich war immer klar, dass ich das auf keinen Fall jemals mache. Auf diese Bühne, in diesem großen Zelt, vor so vielen Menschen, bei denen ich bei den meisten den Eindruck hatte, dass sie schon viel mehr mit Gott erlebt hatten wie ich? Nein, danke. Aber jetzt war klar, dass genau das meine Aufgabe ist. Vom ersten Moment an war mir klar, dass Gott mich nicht nur für mich geheilt hat. Dieses Wunder war nicht nur für mich, es war zum Teilen und Weitererzählen gedacht. Also stand ich dann irgendwann da oben auf dieser Bühne und erzählte von dem, was am Abend davor passiert ist. Am Ende jubelte und klatschte das ganze Zelt und es war so wunderbar, dass wir gemeinsam über unseren Gott staunen und uns miteinander freuen konnten.

Der nächste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss war: Wie und wann erzähle ich das meiner Familie, meinen Mutter und meiner Schwester? Dicht gefolgt von: Wie soll ich das bitte auf Instagram erzählen? Soll ich so aus meiner Sommer-Pause wieder in die Storys starten? „Hallo zurück! Übrigens, Gott hat mich geheilt!“ Irgendwie fiel mir kein sanfterer Einstieg ein. Mitten hinein in meine Gedanken kam eine junge Frau auf mich zu mit dem Worten: „Ich bin im Social Media Team der Zeltstadt und würde gerne ein Video aufnehmen. Deine Geschichte müssen unbedingt noch viel mehr Menschen hören.“ Es würde also eindeutig kein sanfter Einstieg werden, sondern ein Reel, das ich nicht selbst posten würde und über das ich keine Kontrolle haben werde.

Das Nächste, was mir bewusst wurde war, dass ich in der folgenden Woche einen Termin bei meiner Ärztin und zwei Therapie-Termine haben werde. Und dass wir zwei Wochen später in Familien-Reha fahren werden. Und ich dort ganz anders ankomme, als es auf der Anmeldung steht. Und dass ich auch dort überall von meinem Wunder erzählen werde.

Ich erlebte die unterschiedlichsten Reaktionen auf mein Erzählen von der Heilung, die Gott mir geschenkt hat. Es gab Menschen, die trauten sich kaum es zu glauben und sich zu freuen, so groß war die Angst, dass es doch nur ein kurzer Aufschwung war. Es gab eine staunende Therapeutin, die fast vergaß, was sie eigentlich zu tun hatte, während ich ihr erzählte, warum es mir plötzlich so viel besser ging. „Dann hast du so ein Wunder erlebt, wie es in der Bibel steht?“ fragte sie am Ende. Es gab ein freundliches „Ach wie schön!“ von meiner Ärztin und Tränen in den Augen von Therapeuten. Es gab skeptische Zuhörer und kritische Fragen. Und es gab Menschen, die es kaum glauben konnten, dass das, wofür sie immer wieder gebetet haben, jetzt wirklich passiert ist und sich dann jubelnd mit mir freuten. „Krass“ war das Wort des Tages, als das Reel der Zeltstadt durch Instagram wanderte und viele Menschen, die mich vor allem online kannten, meine Geschichte hörten. Und immer wieder und wieder schrieben mir Menschen, wie sehr das, was ich erleben durfte, sie berührte und ermutigte.

Neues Leben oder zurück ins altes Leben?

Die ersten Tage nach dieser Heilung ging ich staunend und mit einem ständigen „Danke“ durch meinen Alltag. Ich erlebte die kleinsten und alltäglichen Situationen als große Geschenke und Zeichen meines Wunders, denn für mich waren diese kleinen Alltagsmomente so lange nicht mehr möglich. Ich stand in der Küche und machte voller Dankbarkeit und Freude Essen für meine Familie – ohne einen Stuhl als Hilfsmittel, ohne mehrere Pausen einzulegen. Ich stand unter der Dusche und Tränen mischten sich mit dem Wasser, als ich den Duschhocker durch die Scheibe sah, der außerhalb der Dusche im Badezimmer stand – an so vielen Tagen war selbst das Duschen im Sitzen auf diesem Hocker zu anstrengend für mich. Ich schob einen Einkaufswagen durch den Supermarkt, sah all die Menschen, die in einer Selbstverständlichkeit ihre Wägen füllten – und für mich war es einfach nur erstaunlich, dass das möglich war.

Ich stand, ich ging, ich fuhr Auto. Alleine und selbstständig. Ich tanzte beim Kochen durch die Küche und konntes es einfach nicht fassen, wie viel gesunde Menschen an einem Tag machen können. Die Möglichkeiten eines Tages erschienen mir grenzenlos. Mir wurde von einem Tag auf den anderen ein neues Leben geschenkt und ich spürte dieses Leben in mir so intensiv, dass ich das Gefühl hatte, ich könnte mühelos den höchsten Berg besteigen und die dicksten Bäume ausreißen. So groß war der Unterschied der Energie, die durch meinem Körper floss.

Nach ein paar Tagen passte sich meine Wahrnehmung nach und nach der Realität an. Ich nahm war, dass meine Zellen geheilt waren und wieder angefangen hatten zu arbeiten. Und das war ein wunderbares Gefühl! Gleichzeitig nahm ich auch wahr, dass mein Körper und meine Seele noch viel Erholung brauchten, dass Muskeln und Kondition wieder aufgebaut werden mussten, Gelenke wieder beweglich werden mussten und ich wieder ganz neu und nochmal anders lernen durfte, meinen Körper und seine Signale wahrzunehmen.

Wie geht gesundes Leben?

Drei Wochen nach meiner Heilung durften wir gemeinsam in Familien-Reha. Geplant, beantragt und bewilligt wurde sie in einer Zeit, in der es meinem Körper massiv schlecht ging. Eigentlich hatte ich kein gutes Gefühl dabei, als diese Reha beantragt wurde. Mir war zu diesem Zeitpunkt klar, dass ich viel zu krank und schwach war für das, um was in in einer Reha geht. Ich hatte Sorge, dass ich dort, oder spätestens zurück zu Hause wieder in einem großen ME/CFS-Crash landen würde und stellte mich darauf ein, dass ich die meiste Zeit in meinem Bett verbringen würde. Aber ich hoffte, dass die Zeit für meinen Mann und meine Kinder gut und hilfreich sein würde. Denn wenn eine Person aus der Familie so schwer krank ist, sind immer alle anderen mitbetroffen. Und die große Belastung dieser schweren Erkrankung war nach zweieinhalb Jahren (in denen noch einige Stürme mehr durch unsere Familie tobten) deutlich zu spüren.

Aber jetzt war alles anders. Ich war nicht krank und schwach. Und so vielen war möglich. Für mich allein und gemeinsam mit meiner Familie. Ich machte mit bei Sportgruppen und beim Achtsamkeitsspaziergang. Ich war dabei bei der Körpertherapie und bearbeitete Ton und Speckstein in der Kunsttherapie. Ich holte mir im Speisesaal selbstständig mein Essen und unterstütze meine Kinder. Ich ging mit meiner Familie im Reha-Bad schwimmen und kletterte mit ihnen durch den Wald, der rings um das Gelände war. Ich spielte mit meiner Tochter fange bei der Eltern-Kind-Ergo und lies mich von von meinem Sohn blind führen. Wir machten Tagesausflüge nach Freiburg und in einen Vogelpark und ich ging und ging und ging. Ich saugte das Leben um mich herum auf und spürte eine tiefe Freude, wann immer eins der Kinder sagte: „Mama, es ist so schön, dass du dabei bist und das mit uns machen kannst.“ Und wenn ich am Ende des Tages meinen müden Beine und die Müdigkeit in meinem ganzen Körper spürte, sagte ich beruhigend zu mir selbst: „Alles gut, Judith. Auch gesunde Menschen sind müde.“

Aber ich merkte immer deutlicher, dass ich gar nicht mehr so wirklich wusste, was es bedeutet gesund zu sein. Wie fühlt sich ein gesunder Körper an? Was kann ein gesunder Körper? Und ist mein Körper wirklich gesund, oder erst auf dem Weg der Besserung? Wie viel Pausen brauche ich noch immer? Und was liegt an meinem Körper, der so lange krank war und was einfach daran, dass ich eben bin, wie ich bin. Schon immer brauchte ich viel Ruhe und Zeiten für mich, damit es mir gut geht. Und schon immer habe ich wahrgenommen, dass die meisten Menschen um mich herum irgendwie anders sind, als ich selbst.

Was also bedeutet es für mich, gesund zu sein? Und so zu leben, dass ich komplett gesund werden und bleiben kann?

Ist jetzt alles gut?

„Bist du komplett geheilt, Judith? Hast du jetzt gar keine Schmerzen mehr?“ Diese Frage erreichte mich ein paar Wochen nach meiner Heilung. Und im ersten Moment wunderte ich über diese Frage, den Schmerzen hatte ich irgendwie gefühlt schon mein ganzes Leben. Ich kann es mir nicht wirklich vorstellen wie es ist, einen Tag ohne Schmerzen zu erleben. Ich habe seit meiner Jugend chronische Rückenschmerzen, die sich oft auf Arme und Beine ausweiten. Ich habe schon immer starke Menstruationsbeschwerden. Seit meinen Schwangerschaften habe ich regelmäßige und mehr oder weniger heftige Migräne-Attacken. Und all das was noch immer da. Auch meine Schildrüsenunterfunktion begleitet mich weiterhin und ich bin nach wie vor hochsensibel und habe ein diagnostiziertes ADHS.

Also nein, komplett geheilt bin ich nicht. Gott hat mich von PostVac und ME/CFS geheilt. Meine Zellen arbeiten wieder, der massive Nährstoffmangel wurde von einem Moment auf den anderen wieder aufgefüllt. Etwas, was ein Jahr hochdosierte Infusionen nicht geschafft haben und meine Ärztin zum Staunen brachte. Ich habe kein Fatigue mehr und keine Crahs, ich kann wieder stehen und gehen und sogar ein wenig rennen, mein Körper spürt wieder Leben in sich und es gibt wieder Energiereserven in mir. Aber ich kann mir mittlerweile eingestehen, dass mein Körper noch lange nicht gesund ist. Es gibt noch einige andere Diagnosen, die mich begleiten. Und die Symptome kommen jetzt, wo diese riesengroße ME/CFS-Symptomlast weg ist, wieder deutlicher zum Vorschein. Unser Gehirn kann nicht wirklich viel auf einmal wahrnehmen. Dadurch sind die kleineren Baustellen meines Körpers in den letzten Jahren in den Hintergrund getreten und tauchen jetzt wieder auf.

Mein Körper braucht also noch immer viel Fürsorge und Achtsamkeit von mir. Und ob ich jemals voll arbeitsfähig sein werde, dass weiß ich nicht. Aber nach der Erfahrung, die ich in diesem Jahr machen durfte glaube ich fest daran, dass auch in den anderen Bereichen meines Körpers noch Wunder geschehen können, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Im Moment spüre ich aber ganz klar, dass für mich dran ist, noch einmal neu zu lernen liebevoll und gnädig auf meinen Körper zu schauen, mit all den Mängeln und Einschränkungen, die noch immer da sind und neu zu lernen, wie ich jetzt gut für meinen Körper und meine Seele sorge.

Eines, was mir in den letzten Wochen noch einmal sehr deutlich wurde ist, wie wichtig Ruhe und Langsamkeit für mich ist. Mein Leben wurde von einem Moment zum anderen von einer extrem langsamen Faultier-Schnecken-Reise zu einer schnellen Achterbahnfahrt. Es gab Tage, an denen kam ich kaum hinterher. Und je mehr schnelle Tage meine Woche hat, desto mehr verliere ich mich selbst. Und dass ist weder für mich gut, noch für meine Familie, oder für all die anderen Menschen, für die ich gerne da sein müsste. Um die Stärken, die Gott in mich hineingelegt hat wirklich leben zu können, brauche ich Langsamkeit und regelmäßig tiefe Verbindungsmomente mit mir selbst und Gott. Also erlaube ich mir diese Langsamkeit immer wieder und plane sie mir ein, auch wenn mir bewusst ist, dass ich damit nicht wirklich in unsere schnelle, volle Welt passe und es viele Menschen gibt, die das nicht verstehen können und deshalb vielleicht sogar kritisieren.

Neue und alte Bedürfnisse, Sorgen und Themen

Diese schwere Krankheit war wie ein riesengroßer Steinbrocken, der mitten in unsres Familie saß. Und dadurch hatte vieles andere viel zu wenig Raum. Themen und Bedürfnisse der Kinder mussten in den Hintergrund treten, weil mein Krank-Sein zu viel Raum einnahm. Sie mussten so oft Rücksicht nehmen auf mich, übernahmen immer wieder pflegerische Aufgaben und Verantwortung, die eigentlich viel zu groß für sie war. Es war nicht anders möglich, wir alle gaben unser Bestes und trotzdem entstand ein Mangel. Vermutlich bei uns allen.

Als der große Krankheits-Steinbrocken weg war, kamen die vielen anderen kleineren Steine wieder zum Vorschein. Sie waren immer da, wurden aber verdeckt. Und nachdem wieder Energie in meinen Körper kam, nahmen all die Bedürfnisse und Themen mit voller Wucht wieder ihren Raum. Die Kinder forderten meine Aufmerksamkeit, meine Zeit und meine Kraft. Das ist gut so, sie haben so viel nachzuholen. Und gleichzeitig ist es anstrengend und herausfordernd. Manchmal brachen so viele Themen auf einmal auf, dass es mich zu überfordern drohte. Und immer wieder und wieder durfte ich mir sagen, dass ich nicht alles auf einmal aufholen und nachholen und in Ordnung bringen musste. Sondern dass ich einen Schritt nach dem anderen gehen darf. Und dass Gott auch jetzt da ist und mich trägt.

Unsere Kinder sind größer geworden, während ich so schwer krank war. Ich habe vieles mit ihnen verpasst, war viel zu oft nur Zuschauerin in ihrem Leben oder konnte mir im Nachhinein erzählen lassen, was sie erleben durften. Manche ihrer Bedürfnisse haben sich verändert mit der Zeit, manche sind geblieben und manche müssen nachgeholt werden. Und ich versuche jeden Tag so gut ich kann Bedürfnisse nachzuholen. Ihre, aber auch meine. Manchmal gelingt mir das gut, manchmal überfordert es mich auch und dann darf ich mir wieder sagen, dass ich das nicht alleine machen muss. Gott ist da.

Wohin geht es jetzt?

Ende 2021 wurde mein Leben durch eine Impfung auf einen Schlag verändert. Wie langanhaltend und massiv diese Veränderung war, habe ich erst nach und nach verstanden und gesehen. Wie sehr diese Veränderung noch voranschreiten würde, wie viel schwächer ich mit der Zeit noch wurde, sah ich auch nicht kommen und das war auch gut so.

Durch diese schwere Krankheit wurde mir so Vieles genommen, was immer selbstverständlich war. Ich konnte meine Arbeit in der Schule nicht mehr machen, meine Kinder nicht mehr ohne Unterstützung versorgen und meine Freizeit nicht mehr selbstbestimmt gestalten. Nicht mehr ich traf die Entscheidungen für mein Leben, sondern die Krankheit. Und wenn ich dann doch einmal nicht auf sie hörte, hatte das immer Konsequenzen. Bei jeder Grenze, die die Krankheit mir setzte und ich trotzdem überschritt, war eine große Verschlechterung die Folge. Ein paar Schritte zu viel bei meinem 5-Minuten-Mini-Spaziergang, den ich an guten Tagen machen konnte und ich lag den Rest des Tages auf dem Sofa. War es noch ein Schritt mehr, konnten es auch mehrere Tage sein. Ein Gottesdienstbesuch war nur möglich, wenn ich die Stunden davor konsequent lag und danach war klar, dass ich wieder stundenlang liegen musste. Wollten wir Gäste haben oder jemanden besuchen das gleiche Spiel: Davor und danach stundenlanges Liegen. Und wenn der Besuch ein wenig zu lang war, wurden wieder mehrere Tage daraus. 5 Minuten Zimmer aufräumen mit meinem Sohn hatte wieder stundenlanges Liegen zur Folge. Ohne gute Planung und einen sehr bewussten Umgang mit meinen Kräften ging nichts mehr. Und auch mit guter Planung und einem bewussten Umgang nur sehr wenig. Und es wurde immer weniger.

Eines der wenigen Dinge, die ich (meistens) noch machen konnte, was meine Online-Arbeit. Ich schrieb weiterhin Blogartikel (die allermeisten aber im Liegen am Handy, weil mir das Sitzen und am PC tippen an den allermeisten Tagen zu anstrengend war), ich teilte weiterhin meine Gedanken auf Instagram und Facebook (auch das im Liegen mit dem Handy und mit Fotos, die mich so schwach zeigten, wie ich eben war), ich begleitete weiterhin online Frauen und hatte meinen kleinen Onlineshop mit Karten und anderem. Das war so ein großes Geschenk für mich. (Und ist es immer noch.) Für mich ist auch das ein großes Wunder, dass Gott mir geschenkt hat.

Und jetzt? Jetzt wurde durch ein Wunder wieder auf einen Schlag alles anders. Alles ist verändert und neu.

Was das alles für mein Leben bedeutet, weiß ich noch nicht. Vieles darf noch sortiert werden in mir. Vieles muss nachgeholt und aufgeholt und in Ordnung gebracht werden. Manches darf sich verändern, anderes darf bleiben. Manches darf wachsen und anderes zu Ende gehen. Manches erahne ich, manches sehe ich schon ganz klar, anderes ist noch sehr im Dunkeln. Und diese Gedanken beziehen sich auf alle Bereiche meines Lebens: Meine Familie, unser Haus, meine Arbeit, unsere Gemeinde und all das andere, was jetzt wieder möglich sein kann. Ich freue mich darüber, dass jetzt so vieles wieder möglich ist. und merke gleichzeitig, dass ich nicht einfach überall zurück will ins Alte, sondern warten will, welche Türen sich öffnen und welche sich schließen. Was klar ist, ist dass ich weiterhin Frauen begleiten werde. Wie genau, findest du am Ende des Blogartikels.

In den letzten Monaten kam zusätzlich ein neuer Bereich in meine Online-Arbeit, von mir völlig ungeplant, aber von Gott bestens vorbereitet. Ich wurde immer wieder auf das Thema „rituelle Gewalt“ aufmerksam. Habe Betroffene kennengelernt. Mit einer Betroffenen und ihrer Therapeutin bin ich intensiv im Austausch und habe in den letzten Wochen extrem viel erlebt. Dieses Thema hätte ich mir selbst nicht ausgesucht. Ich merke aber, wie wichtig es ist, dass es Menschen gibt ,die Betroffene sehen, ihnen zuhören und glauben. Und ich spüre, dass das zukünftig eine Aufgabe für mich sein wird. Wie genau, das weiß ich noch nicht. Im Moment lerne ich vor allem viel. Und vertraue, dass Gott einen Plan hat für mich. (Und wenn du diesen Blogartikel von mir liest und Ahnung oder Erfahrung in diesem Bereich hast, dann freue ich mich, wenn du dich bei mir meldest und ich mich mit dir austauschen darf.)

Die Frage, wohin es geht, kann ich also noch nicht wirklich beantworten. Aber ich versuche am Ende trotzdem einen kleinen Ausblick.

Reflektionsfragen für mein Jahr 2024

Was habe ich in diesem Jahr über mich gelernt?

Nicht nur in diesem Jahr, sondern in all dem, was in den letzten Jahren los war, habe ich viel über mich gelernt. Ich habe entdecken dürfen, wie gut ich mit schweren Zeiten und Krisen umgehen kann. Dass ich einen Blick habe für das Gute und Schöne, auch dann, wenn alles schwer und dunkel erscheint. Ich habe gelernt, dass es mir gut gehen kann, auch wenn es mir äußerlich betrachtet nicht gut geht. Ich habe gelernt, wie wichtig die Worte trotzdem und gleichzeitig für mich sind. Ich habe erlebt, wie sehr ich es liebe andere zu ermutigen und zu begleiten. Und dass tiefe Verbindungen für mich auch online möglich sind.

In der zweiten Jahreshälfte habe ich gelernt, wie sehr ich Langsamkeit und Ruhe brauche. Und wie wichtig es für mich ist dafür zu sorgen, wenn ich nicht mehr durch eine Krankheit dazu gezwungen werde. Ich wurde daran erinnert, dass ich es liebe mit Menschen Zeit zu verbringen und dass ich das Alleine-Sein genau so sehr liebe und brauche. Ich durfte wieder entdecken wie gut mir Spaziergänge tun und wie kostbar es ist einen Körper zu haben, der gehen und stehen kann.

Was habe ich in diesem Jahr über Gott gelernt?

Für mich wurde in den letzten Jahren Vieles, was davor theoretischer Glaube war, praktisch erlebbar. In diesem Jahr nochmal mehr und nochmal tiefer wie davor. Ein paar Punkte möchte ich hier nennen:

Gott ist da. Im tiefsten Tal, mitten im Sturm, in der größten Schwäche. Und ich durfte erleben, dass er mich trägt und hält, wenn ich selbst nicht mehr kann.

Ich habe einen Gott der mich sieht, mich kennt und mich liebt. Einen Gott, der sich wirklich für mich interessiert. Der sich für mein Herz und all das, was darin ist interessiert. Einen Gott, der mir immer zuhört und der es liebt, wenn ich ehrlich zu ihm bin. Und einen Gott der mit mir spricht und den ich verstehen kann.

Ich habe einen Gott, der heilt und Wunder tut. Einen Gott, der größere Dinge tut und konkreter in unser Leben eingreifen kann, wie ich es mir seither hätte vorstellen können. Das habe ich erlebt, nicht nur bei mir.

Worüber durfte ich staunen in diesem Jahr?

2024 war ein Jahr des Staunens.

Ich staune noch immer darüber, was Gott für mich getan hat. Ich staune noch immer über diese Kraft, die ich in mir gespürt habe und was für eine Veränderung sie bewirkt hat in meinem Leben. Ich staune darüber, wie mein Glaube sich verändert hat, nicht nur durch dieses Erlebnis, sondern auch schon durch alles, was ich davor mit Gott erleben durfte. Und ich staune über die Auswirkungen, die meine Geschichte auf andere hat und dass Menschen sich so für mich mitfreuen und durch mein Erzählen immer wieder berührt und ermutigt werden.

Rückblickend staune ich auch sehr darüber, wie wir das alles geschafft haben, in der langen Zeit, in der ich krank war. Irgendwie erscheint das eigentlich nicht möglich und wir verstehen es selbst nicht, wie es ging. Ja, es blieb viel liegnen und in manchen Ecken unseres Hauses sehe ich jetzt ganz genau, wie lange ich krank war. Aber trotz allem ging es uns als Familie die meiste Zeit wirklich gut und das was nötig war, hat irgendwie geklappt. Und ich staune über meine Kinder, die so gut mit meiner Krankheit umgehen konnten und wie selbstverständlich meinen Rollstuhl schoben oder mich bei kleineren Strecken beim Gehen stützten.

Und noch mehr staune ich über das, was online möglich war. Wie viele Blogartikel habe ich schwach und erschöpft liegend im Bett auf meinem Handy geschrieben. Ich konnte andere ermutigen, in der schwersten Zeit meines Lebens. Ich begleitete trotz allem andere Frauen und konnte wirklich ein Segen für sie sein. Dass all das Sein durfte, ist für mich ein so großes Wunder und Geschenk. Und mir ist klar, dass das nicht aus meiner eigenen Kraft möglich war.

Wofür bin ich am Ende diesen Jahres dankbar?

Ich kann kaum in Worte fassen, wie dankbar ich bin für all das bin, was ich in diesem Jahr erleben durfte. Und kann sicherlich nicht alles aufzählen, wofür ich dankbar bin.

Ich bin dankbar für meine Kinder, die mir immer wieder gezeigt haben, wie sehr sie mich lieben, egal wie schwach ich bin und dass ich trotz allem irgendwie immer wieder sie da sein konnte. Ich bin dankbar für all das, was ich nach meiner Heilung gemeinsam mit meinen Kindern wieder machen durfte. Ich bin dankbar für meinen Mann und all das, was er hier geleistet hat, während ich krank war. Für sein Versorgen und sein Da-Sein und dass er immer wieder über sich herausgewachsen ist.

Ich bin dankbar für all die Menschen, die mit mir verbunden waren. Für jede Nachricht, die ich bekommen habe, für gute Gedanken und Worte und Gebete in schweren Zeiten. Für Menschen, die praktisch geholfen haben, mit Essen oder Fahrdiensten. Für Menschen, die meine Tränen mit mir ausgehalten haben, oder die Anteil genommen haben an mir und meinem Leben. Ich bin dankbar für alle, die sich mit mir gefreut, mit mir gejubelt und mit mir gestaunt haben, als sie von meiner Heilung erfahren haben.

Ich bin dankbar für Gott, der immer da war. Der mit mir in die Tiefe ging, der mein Klagen und meine Zweifel ausgehalten hat. Ich bin dankbar für sein Reden, für sein Flüstern und dass ich bereit war, es zu hören. Ich bin dankbar für den Livestream des Gebetshauses Augsburg und für die Zeltstadt. Für alle Menschen, die dort für mich gebetet haben und für das  große Wunder, das ich erleben durfte.

Ich bin dankbar, für all das, was wieder möglich ist. Für einen Körper, der stehen und gehen und tanzen kann. Für jeden Spaziergang, jedes Einkaufen, jede Autofahrt, jeden Besuch und all das, was ich einfach so wieder machen kann. Für das Viele, was ich mit meinen Kindern machen konnte: Kino-Besuch und Baden und O´Bros-Konzert und Schulkonzert und Gottesdienste und so vieles mehr. Und für die Lebendigkeit, die ich wieder in meinem Körper spüren darf.

Mein Ausblick auf 2025

Auch für dieses Jahr habe ich Gott gefragt, was für ein Wort er für mich hat. In mir tauchte eine Vielfalt an Worten auf, die irgendwie kein passendes Bild für mich ergaben. Langsamkeit und Ruhe. Fülle und Lebendigkeit. Stille und Warten. Überfluss und Freude. Ordnung und Wiederherstellung. Und dazu das Gefühl, dass etwas Neues auf mich wartet, wenn ich dazu bereit bin.

Es hat lange gedauert, bis sich Bilder, Worte und Themen für das neue Jahr heraus kristallisiert haben. Für mich sind es viele verschiedene Puzzleteile, die sich nach und nach zusammenfügen. Und ich bin gespannt, was alles auf mich wartet und was Gott für mich vorbereitet hat.

Neues Land

Ein Bild, das Gott mir für das neue Jahr geschenkt hat, ist das Bild von Neuem Land.

Noch sehe ich nicht genau, wie dieses Neue Land aussieht, aber ich spüre, dass es da ist. Einiges ist schon am keimen und wachsen. Ein paar Ecken dürfen auch noch von Gestrüpp befreit oder neu gestaltet werden. Neues darf entstehen, Verkümmertes darf aufblühen, Vernachlässigtes wieder wachsen. Und dieses Entstehen, Aufblühen und Wachsen darf Zeit brauchen. Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht, dass gilt auch für dieses Bild. Es ist ein wenig geheimnisvoll für mich, diese Bild vom Neue Land. Und auch ein wenig herausfordernd, da für Kontrolle und eigene Sicherheit wenig Raum ist. Wiedermal geht es um Loslassen und Vertrauen. Vertrauen, dass Gott etwas Gutes vorbereitet für mich.

Das Bild des Neuen Land beinhaltet für mich auch eine neue Ordnung. So Vieles kam in den letzten Jahren in Unordnung. Nicht nur im Sichtbaren, in unserem Haus und unserem Garten, sondern auch im Zwischenmenschlichen. Die Kinder haben so viel Verantwortung übernommen: Sie fühlten sich verantwortlich dafür, wie es mir geht, merkten sofort, wenn sich wieder ein neuer Crash anbahnte und begannen direkt, für mich zu sorgen. Sie sahen, wenn meine Beine schwach wurden und kamen angelaufen, um mich zu stützen. Sie nahmen mein Flüstern wahr, wenn ich zu schwach zum Sprechen war und kamen ganz nah, damit sich mich verstehen konnten. Sie deckten mich zu, brachten mir ein Kissen und etwas zu Trinken. Und zeigten und sagten mir immer wieder, wie sehr sie mich trotz allem liebten. Das war wunderbar und kostbar. Und gleichzeitig ist es wichtig, dass jetzt wieder eine neue Ordnung entstehen darf. Dass die Fürsorge und Verantwortung wieder so verteilt wird, wie es für alle gut ist. Und nicht nur zwischen mir und den Kindern. auch in meiner Ehe und für uns als gesamte Familie brauchen wir diese neue Ordnung.

Und das Bild des Neuen Land bedeutet für mich auch, dass wir uns beschenken lassen dürfen mit Neuem und Guten. So vieles wurde uns geraubt. Und jetzt kam von verschiedenen Seiten immer wider die Zusage Gottes, dass er uns alles wiedre schenken will. Und noch mehr.

Warten – Hören – Gehen

Ich neige dazu loszurennen, sobald ich eine wage Idee habe. Warten und Pläne machen und Ziele setzten liegt mir nicht so sehr wie intuitiv und spontan das umzusetzen, was mir jetzt in diesem Moment kommt. Und auch nach meiner Heilung wollte ich am Liebsten sofort losrennen und alle da aufholen und nachholen, was nicht möglich war. So Vieles war liegen geblieben, so Vieles war jetzt wieder möglich, so Vieles gab es zu tun.

„Warte“, flüsterte Gottes Stimme in mir. „Mach langsam und warte.“ Immer wieder. Wenn wir schnell sind ist es viel schwerer, Gottes Flüstern in uns zu hören. Deshalb dauerte es ein Weilchen, bis ich zuhörte und den Rest seine Worte höre. „Warte, höre mir zu und gehe erst dann. Bei jedem Schritt. Warte, höre, gehe.“

Für mich ist das eine Handlungsanweisung die ich brauche, damit ich in diesem neue Land, dass Gott mir zeigen und schenken will, auch wirklich ankomme. Damit dass, was dort keimt, auch wirklich wachsen kann. Damit ich weiß, wann ich gießen und düngen muss, wo ich etwas ausreißen oder Neues einsähen darf. Damit ich erkenne, wohin ich gehen soll, wenn ich mitnehmen soll und wann ich Pause machen soll. Es wird wichtig für mich zu sein, immer und immer wieder zu warten und zu hören, bevor ich wieder weitermache und weitergehe. Und vielleicht wird das Warten und Hören auch einen großen Teil meines Jahre ausmachen.

Alles prüfen und das Gute behalten

In all das hinein, was Worte für mich persönlich sind, spricht mich auch die Jahreslosung von diesem Jahr an. „Prüft alles und behaltet das Gute!“ Die Jahreslosung ist immer ein Satz aus der Bibel, die einen durch das Jahr begleiten kann. Ich mag diese Tradition neben der Tradition der Tageslosungen -ein Satz aus der Bibel für jeden Tag- sehr.

Ich mag es, dass Gott mir das zuruft in einer Phase meines Lebens, in der sich wieder so viel verändert. Es erinnert mich daran, nicht einfach weiter zu machen und nicht einfach zurück zu gehen in mein altes Leben vor dieser langen Krankheitszeit. Nicht einfach zurück in alte Muster zu verfallen, nicht einfach alte Aufgaben wieder zu übernehmen, nicht einfach alte Wege wieder zu gehen. Sondern prüfen, ob all das jetzt noch dran ist, ob all das jetzt gut ist, ob es das ist, was Gott für mich hat, oder ob er vielleicht doch ganz anderes für mich hat. Und auch das, was geblieben ist und das, was sich angesammelt hat darf geprüft werden.

Die Jahreslosung lädt dazu ein bewusst durch das Jahr zu gehen und immer wieder innezuhalten und gemeinsam mit Gott anzuschauen und zu prüfen was ist und auch immer wieder loszulassen. Und gleichzeitig dazu das Gute wahrzunehmen und festhalten. Und das möchte ich tun. Ich möchte achtsam und mit offenem Blick durch mein Jahr gehen und Gott erlauben, mich auf das aufmerksam zu machen, was ich loslassen und aussortieren darf und kann und soll. Und ich möchte den Segen in meinem Jahr erkennen, das Gute, dass Gott mir jeden Tag schenkt. Ich möchte es sehen und dankbar festhalten.

Leben in Balance

Und dann, als das neue Jahr schon begonnen hatte, war da doch plötzlich ein klares Wort, dass über meinem Jahr stehen soll und darf. „Balance“. Nach all dem was war, darf ich ganz neu lernen und entdecken, was ein Leben in Balance für mich bedeuten darf.

Ich darf mein Gleichgewicht finden, zwischen Aktivität und Ruhe, zwischen Hören und Tun, zwischen Geben und Empfangen, zwischen Festhalten und Loslassen, zwischen stark sein und noch immer schwach sein dürfen, zwischen online und offline, zwischen Familie und Business, zwischen Gemeinschaft und allein sein. Und das darf ein Gleichgewicht sein, dass für niemand anderen passen muss, nur für mich.

Und um diese Balance zu finden und zu halten brauche ich ein tiefes Verwurzelt-sein in Gott. Einen sicheren Halt auf dem Boden meines Glaubens. Und eine tiefe Verbindung zu mir, Gott und anderen.

Meine Angebote für dich in 2025:

Ich freue mich sehr darauf, auch in diesem Jahr wieder Frauen zu begleiten. und auch wenn ich noch nicht so wirklich weiß, wohin das Jahr mich bringen wird, weiß ich, dass es weiterhin eine meiner Aufgaben sein wird Frauen in eine tiefer Verbindung zu sich selbst zu begleiten. Und ich werde weiterhin schreiben, um andere zu ermutigen, zu berühren und Impulse für ihr Leben und ihren Glauben zu geben.

Von mir lesen kannst du hier in meinem Blog, auf Instagram oder Facebook und in meiner Verbindungspost. Ich freue mich sehr, wenn du auf einem dieser Wege mit mir in Verbindung sein möchtest.

Wenn du von mir begleitet werden willst, habe ich drei Angebote für dich:

💛 Den Mitgliederbereich „dein Zuhause„, mit vielen Übungen für dein Nervensystem, mit christlichen Meditationen, Körperübungen und Gebeten von Cathrin Hoch und mir.

💛 Meinen Kurs „Herzenszeit„, der Ende Januar wieder beginnt. In Herzenszeit machen wir uns gemeinsam auf eine Reise bei der du Gottes Herz besser kennenlernen und ihm ganz neu begegnen darfst, gemeinsam mit Gott und mit meiner Begleitung in dein Herz, deine Vergangenheit und das, was dich bis ins Heute prägt und hält schauen kannst und erste (oder weitere) Schritte hin zur inneren Heilung gehen darfst. Ich bin noch immer berührt von dem, was die Frauen beim ersten Kurs alles erleben durften und freue mich auf jede Frau, die sich in diesem Jahr mit dir auf diese Reise machen will. (Wenn du Interesse hast, kannst du dich ganz unverbindlich auf die Warteliste eintragen, dann bekommst du alle Informationen rechtzeitig zugeschickt.

💛 Und meine 1zu1-Begleitung in der ich dich ganz individuell begleite. Bei deinen Themen, die dich beschäftigen. Ganz egal, ob es Herausforderungen im Heute sind, Themen aus der Vergangenheit, die dich bin ins Heute begleiten, oder eine Kombination aus beidem.

Ich freue mich schon jetzt auf jede Frau, die ich in diesem Jahr begleiten darf auf ihrem Weg in eine tiefe Verbindung zu sich selbst und Gott. Und wenn du nicht weißt, welches Angebot das Richtige für dich ist, dann buche dir gern ein kostenloses Kennenlerngespräch und wir finden es gemeinsam heraus.

Außerdem freue ich mich, wenn du in meinem Online-Shop vorbeischaust. Dort findest du Karten, Hefte, kleine Geschenkideen und all meine Kurse, Wirkshops und Hördateien.

Ein paar Gedanken zum Schluss

Ein langer Text geht zu Ende. Ich könnte noch so viel mehr erzählen, aus diesem Jahr, dass so besonders war und in dem trotz all dem Mangel, der auch da war, so viel Fülle lag. Die wichtigsten Gedanken, die ich behalten will -und die auch du dir mitnehmen darfst, wenn du magst- möchte ich zum Schluss noch einmal zusammenfassen:

Gott ist da. Immer. Egal wie es uns geht, egal wo wir sind, egal ob ich wir glauben oder spüren oder nicht. Er ist voller Liebe und Güte und Gnade und sein Blick auf uns ist voller Freundlichkeit. Er will uns beschenken, jeden Tag, mit seiner Fülle, die alles beinhaltet, was wir brauchen. Und er ist ein Gott, der Wunder tut, auch heute noch.

Und jetzt danke ich dir von Herzen, dass du hast dich mit hinein nehmen lassen in dieses für mich so besondere Jahr. Ich freue mich, wenn du in den Kommentaren deine Gedanken mit mir teilst oder deine Fragen stellst. Oder mir auf einem anderen Wege schreibst und erzählst, wie es dir beim Lesen ging.

Herzliche Grüße,

Judith

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