Heute ist der 12. September. Und ich nehme dich wieder mit 12 Bildern hinein in meinen Alltag. Im Moment sind wir nicht zu Hause, sondern im Schwarzwald in Familien-Reha. Daher ist gerade ein besonderer Alltag .

Mein erster Blick nach dem Aufwachen geht aus dem Fenster. Ich sehe von meinem Bett aus den Schwarzwald.

Nachts ist es auch tatsächlich ein Schwarz-Wald, wie unser Jüngster festgestellt hat. Heute Morgen hängen die Wolken so tief, dass es eher wie ein Weiß-Wald aussieht.

Nach und nach werden alle wach. Und wir schaffen es einigermaßen rechtzeitig zum Frühstück.

Ich genieße es sehr, mich jeden Morgen am gut gefüllten Frühstücks-Buffet zu bedienen. (Auf dem Foto ist es schon nicht mehr ganz so gut gefüllt…)

Danach beginnt für uns der Therapie-Tag. Unsere jüngeren Kinder starten heute mit Klinik-Schule. Unser Ältester geht mit meinem Mann zum Walken. Und auf meinem Therapieplan steht nach dem Frühstück erstmal nichts.

Ich genieße es sehr, dass ich mit Alleine-Zeit starten darf und nehme mir als Erstes Zeit zum Losung lesen, beten und aus dem Fenster schauen.

Und zum Kaffee trinken, einer Insta-Story und Nachrichten beantworten.

Im Laufe des Morgens steigen alle Wolken nach oben und die Sonne kommt raus.

Und da mein Mann nach dem Walken auch eine Therapie-Pause hat, setzen wir uns ein Weilchen gemeinsam raus in die Sonne.

Der erste Punkt auf meinem Therapie-Plan ist Geräte-Training. Ganz ehrlich? Das ist etwas, worauf ich mich nicht freue.

45 Minuten in einem kleinen, etwas muffigen Raum mit vielen Menschen und Geräten, die mich im Moment muskulär noch großteils überfordern möchte ich gerade eigentlich nicht.

Aber ich gehe trotzdem hin mit dem Vorhaben so gut wie möglich für mich zu sorgen.

Draußen scheint die Sonne. Im Raum gibt es eine Tür, die nach draußen führt. Und eine Matte.

Ich frage, ob ich diese Matte mit nach draußen nehmen kann und bekomme erstmal einen erstaunten Blick als Antwort. Und danach ein Ja.

Und so kann ich draußen in der Sonne ganz allein und in Ruhe die Übungen machen von denen ich weiß, dass sie meinem Körper gerade gut tun.

Die zweite Therapie an diesem Tag ist eine Entspannungsgruppe. Ich finde einen Platz am Fenster in der Sonne. Und spüre mit geschlossenen Augen ihre wohltuende Wärme. Nach dem schlechten Wetter der letzten Tage genieße ich das sehr.

Danach beginnt mit dem Mittagessen die Mittagspause. Im Speisesaal treffe ich meine Familie. Es gibt immer drei Essen zur Auswahl. Und falls die Kinder nichts finden, was ihnen schmeckt, gibt es als zusätzliche Option jeden Tag Nudeln mit oder ohne Tomatensoße.

Den Rest der Mittagspause verbringen wir in unserem Zimmer mit Lesen, Hörspiel hören oder spielen.

Mein erster Nachmittags-Termin ist ein Einzelgespräch mit unsrer Bezugs-Therapeutin. Heute geht es hauptsächlich um meine Wünsche für die nächste Woche und offenen Themen, die mir für die restliche Reha-Zeit noch wichtig sind.

Danach habe ich eine Einzel-Körpertherapie-Stunde. Die Zeit ist so intensiv, dass ich nicht an ein Foto denke. (Gut so!)

Durch die Arbeit mit meinem Körper nehme ich viel der Anstrengung, der Trauer und der Sehnsucht der letzten Jahre wahr, die noch in mir abgespeichert sind.

Auf dem Rückweg zu unserem Zimmer komme ich an der Cafeteria vorbei und kaufe mir einen Cappuccino. Außer mir ist gerade niemand da. Und so sitze ich allein mit meinen Gedanken und Gefühlen auf dem bequemen Sofa und schaue hinaus in die Natur.

Zurück im Zimmer sortiere ich die Gedanken und Gefühle schreibend in meinem Buch.

Mein letzter Therapie-Termin ist ein Muskel-Entspannung-Bad. Ich höre in der Zeit Lobpreis-Lieder. Und die Wärme, die Musik und die Texte lassen die Tränen, die sich durch die Körpertherapie und das Schreiben in mir angesammelt und gelöst haben fließen.

Es sind Tränen, die gut tun und sich heilsam anfühlen.

Mit den Kindern habe ich ausgemacht, dass ich sie heute etwas früher abhole und wir dann gemeinsam in das Reha-Schwimmbad gehen.

Unser Jüngster hat hier quasi über Nacht schwimmen gelernt und ist im Wasser jetzt kaum noch zu stoppen.

Danach gehen wir zum hier sehr frühen Abendessen. (Um 17.30 Uhr) Und haben dann im Zimmer noch Zeit zum Fernseh gucken, reden, lesen und kuscheln.

Ein Kind fühlt sich plötzlich krank und braucht mich dadurch besonders. Ein anderes ist dafür überraschend kooperativ.

Danach habe ich noch ein wenig Zeit für mich. Und Zeit mit meinem Mann. Und Zeit für Dankbarkeit.

Immer wieder frage ich mich, was die hier mit mir gemacht hätten, wenn unsere Reha ein paar Wochen früher gewesen wäre – vor meiner Heilung. So Vieles wäre nicht möglich gewesen. Und für die meisten Wege hätte ich jemanden gebraucht, der meinen Rollstuhl schiebt. Mir das bewusst zu machen, macht mich jeden Tag aufs Neue dankbar.

Danke, dass du mich durch meinen Tag begleitet hast. (Und wenn du aufmerksam gelesen und geguckt hast, hast du vielleicht bemerkt, dass ich beim heutigen 12von12 etwas geschummelt habe.)

Herzliche Grüße, Judith

 

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