Der Tag beginnt mit meinem großen Kind neben mir.
Zwei Nächte übernachten wir im Gebetshaus Augsburg. Alle Gästezimmer sind individuell gestaltet und das Besondere an unserem ist auf jedenfall der Blick an die Zimmerdecke.
Wir beginnen unseren gemeinsamen Tag mit Frühstück im Gebetshaus-Café…
…und danach mit einem langen Besuch im Herzstück des Gebetshauses: Dem Gebetsraum, in dem Tag und Nacht gebetet wird.

Im Gebetsraum ist gerade eine Gebetszeit für Familien. Und am Ende dieser Einheit gibt es die Möglichkeit für seine Familie beten zu lassen und einen persönlichen Segen zu bekommen. Ich freue mich, dass ich das gemeinsam mit meinem Sohn in Anspruch nehmen kann. Und in Gedanken nehmen wir den Papa und die Geschwister mit hinein.
Danach gibt es eine Zeit mit ruhiger Musik, die ich für mich nutze. Zum Beten, lesen, schreiben und malen.
Es ist sehr besonders und kostbar für mich da zu sitzen, Zeit mit Gott zu haben und meinen Sohn zu sehen, wie er während dessen in der Bibel liest.
Danach nehmen wir uns ein wenig Zeit im Gebetshaus-Shop zu stöbern…
…und uns etwas zum Mittagessen zu bestellen.
Während wir draußen auf den Pizza-Service warten, sehe ich eine Frau, die ich immer mal wieder ein wenig auf Instagram verfolge: Schwester Teresa.
Einen Moment überlege ich, ob ich sie anspreche, lasse es dann aber, da sie gerade in ein Gespräch vertieft ist.
Während mein Sohn und ich im Gebetshaus-Café die Pizza und den Salat essen, kommt Schwester Teresa auch herein und setzt sich mit ihrer Begleitung direkt an den Tisch neben uns.
Deshalb bleibe ich, als wir fertig sind mit Essen und zurück zu unserem Zimmer gehen wollen, kurz an ihrem Tisch stehen und bedanke mich bei ihr für ihre Ermutigungen und die Freude, die sie täglich in die Welt hinaus sendet. Daraus ergibt sich eine herzliche Begegnung, ein schönes Gespräch und eine Einladung für den Abend: Die „Gesellschaft zur Ausbreitung des Evangeliums“ hat gerade seine Jahresversammlung in Augsburg und sie hält in diesem Rahmen am Abend einen Vortrag.
Da wir am Nachmittag vorhatten, nach Augsburg in die Stadt zu fahren, sagen wir, dass wir versuchen es möglich zu machen.
Nach einer kleinen Mittagspause fahren wir mit der Bahn in die Stadt, bummeln dort durch die Fußgängerzone, shoppen im Müller und lassen uns ein wenig treiben.
Irgendwann merke ich, wie meine Kräfte nachlassen und sich Enttäuschung in mir breit machen will. Eigentlich wollte ich mit meinem Sohn die Altstadt besichtigen, etwas Kulturluft schnuppern und merke, dass dafür die Zeit und vor allem meine Kraft nicht ausreicht. Das Einzige was noch möglich wäre, ist in den Dom zu gehen, aber wir finden keine offene Tür. In mir kommen Gedanken auf, dass ich alles falsch geplant habe – obwohl mein Sohn neben mir glücklich und zufrieden ist. Und der Gedanke, dass ich mir zu viel zugemutet habe, dass ich eben doch noch nicht gesund genug bin für große Ausflüge – obwohl ich doch gerade mittendrin in einem wundervollen drei-Tage Ausflug bin.
Der Blick auf die Uhr sagt, dass wir uns bald auf den Weg machen sollten zu dem Vortag am Abend, wenn wir da hin wollen. Und wir merken beide, dass wir Hunger haben. Und ich merke vor allem meine müden Beine und eine Erschöpfung, die sich ausbreitet will.
Mein wunderbares Kind schlägt mir vor, dass ich mich für einen Moment ausruhe, während er uns bei einem China-Imbiss gebratenen Reis und gebratene Nudeln holt.
Ich setzte mich vor dem Dom auf eine Bank und entdecke ein Klavier, das da einfach so auf dem Platz vor dem Dom steht. Und als ich mich auf die Bank zum Ausruhen setze, setzt sich ein Mann an das Klavier und beginnt zu spielen.
Die Musik erreicht mein Herz und tut mir gut und ich kann wieder bei mir ankommen. Ich erkenne, dass die aufkommende Erschöpfung die negativen Gedanken in mir ausgelöst haben. Und bin dankbar, dass mein müder Körper sich ausruhen darf und meine Seele durch die Musik zur Ruhe kommen darf.
Mein Sohn kommt mit Essen zurück zu mir, wir genießen Nudeln und Reis bei Live-Musik und entscheiden, dass wir Lust haben auf den Vortrag von Schwester Teresa. Google Maps sagt, es ist nicht allzu weit und ich entscheide, dass ich wieder genug Kraft sammeln konnte, um weiter zu gehen. (Und mir wird in diesem Moment bewusst, wie undenkbar das vor gar nicht allzu langer Zeit gewesen wäre.)
In dem Saal sind nur wenige Menschen. Alles Mitglieder der Jahresversammlung. Und wir werden freudig begrüßt wie Ehrengäste, sollen uns in die erste Reihe setzen und werden immer wieder mit einem extra Lächeln beachtet.
Der Abend ist schön und leicht und tief zugleich. Wir lachen viel und ich bin immer wieder berührt von dem, was ich höre.
Am Ende sagt der Leiter des Abends, dass jetzt noch jemand auf die Bühne darf um zu predigen. Dass derjenige aber noch nichts davon weiß. Danach bittet er meinen Sohn auf die Bühne.
Er soll sich so hin stellen, dass alle sehen, was auf der Rückseite seiner Sportjacke steht: „Jesus did it.“ – „Das ist doch die beste Botschaft, oder?“ fragt der Mann.
Danach bittet Schwester Teresa ihn noch, die Aufschrift auf seinem T-Shirt zu zeigen, das sie schon am Nachmittag bewundert hat. „Außergewöhnlich geliebt“. – „Genau das sind wir alle“, ist ihre abschließende Botschaft.
Danach werden noch Fotos gemacht und mein Sohn und ich um die Erlaubnis gefragt, ob es auf Social Media gezeigt werden darf und es entstehen ein paar besondere Begegnungen mit den Menschen in dem Saal. (Ein Highlight: ein Pfarrer, der gleichzeitig ein Prinz ist.)
Später am Abend lesen wir, was Schwester Theresa in ihrer Story über den Abend geteilt hat und wir kommen uns wieder vor, als wären wir besondere Ehrengäste an diesem Abend gewesen. Wie kostbar, wenn einem so viel Herzlichkeit und Freude entgegen gebracht wird.
Zurück im Gebetshaus essen wir noch gemeinsam die Reste des Tages und lassen all das Schöne das war gemeinsam nachklingen.
Die letzten Minuten des Tages setzen wir uns nochmal zusammen in den Gebetsraum. Erfüllt, müde und voller Dankbarkeit genieße ich die Zeit mit meinem Sohn, die Ruhe des Moments und das gemeinsame stille Beten.
Und ich mache mir dankbar bewusst, wie besonders es ist, dass ich diesen Mini-Urlaub mit ihm machen kann.
Mein Sohn hatte im April Konfirmation. Wäre dieses Fest ein Jahr früher gewesen, hätte ich nicht mit ihm feiern können, weil ich viel zu krank und zu schwach war. Und jetzt konnte ich nicht nur mit ihm feiern, sondern ihm auch noch ein gemeinsames Wochenende schenken, mit Bahnreise, viel unterwegs sein und Beinen, die einfach stehen und gehen können. Was für ein Wunder, was für ein Geschenk.
Und darauf möchte ich schauen. Auch wenn mir mein Körper immer wieder zeigt, dass meine Kraft noch nicht wieder ganz zurück ist und meine Grenzen enger gesteckt sind als früher, ist wieder so viel mehr möglich, als ich während der schweren Krankheits-Zeit zu hoffen gewagt habe.
Also beende ich meinen Tag und diesen Text mit Dankbarkeit. Für all die schönen Momente des Tages: Gebetsraum, bummeln, Klavierspiel vor dem Dom, der besondere Abend bei Schwester Teresa und das Lächeln meines Sohnes. Dankbarkeit dafür, dass meine Beine mich wieder tragen können und ich wieder reisen kann. Dankbarkeit dafür, dass mein großer Sohn gerne Zeit mit mir verbringt. Dankbarkeit für meinen Mann und die anderen zwei Kinder. Und Dankbarkeit für meinen Gott, der mich so reich beschenkt.
Vielleicht möchtest du dir ja einen Moment Zeit nehmen um zu überlegen, wofür du dankbar bist.
Herzliche Grüße, Judith
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